top of page

FOOD-STADT

BRUNCH

4. März 2017, Adriano's Bar & Café

Am ersten Bärenhunger Brunch im Jahr 2017 thematisieren wir die Food-Stadt Bern. Wir stellen Hypothesen auf und diskutieren gemeinsam die noch junge Vision.

Es diskutierten Alexander Tschäppät, Raphael Pfarrer, Jeanette Beck, Samuel Buhlmann, Donat Berger, Evelyn Markoni, Sven Stauffer und viele mehr. Dies sind die Eckpunkte des Gesprächs:

Kopenhagen war mal richtig scheisse. Heute ist es eine Food-Stadt. Bern kann das auch!

Wir Berner haben unsere Mentalität: Wir sind Provinz! Die Nachfrage nach dem Speziellen ist klein, die Neugier ebenso. Muss Bern denn überhaupt Food-Stadt sein? Wir könnten doch auch – ganz genügsam – Schokoladen- oder Bierstadt werden. Aber es stimmt schon: Bern ist auch historisch eine Agrarstadt. Bern braucht etwas Eigenes! Das ist allerdings auch eine Frage der Vermarktung. Vielleicht sollten wir einfach wieder unsere Bären essen. Bra und Boulder sind auch nicht grösser aber trotzdem bekannt geworden. Und Zürich? Zürich ist immer auf der Suche nach dem Neuen. Bern könnte etwas nachhaltiger werden.

Das Bernbiet ist voller Schätze. Doch wir haben keine eigene Identität. Bern braucht die «New Alpine Cuisine»!

So ein Quatsch: Es gibt eine Berner Identität und viel Tradition! Die Berner Küche ist schwer, das weiss doch jeder. Sie liegt im Grenzgebiet von deutscher und welscher Schweiz. Eine Mittellandsküche ist es. Und sowieso: Auch der Name ist Quatsch – viel zu elitär. Aber ja: Vielleicht mangelt es zum Teil an Koordination, Radikalität und Konsequenz. Regionalität, Saisonalität und Nachhaltigkeit könnten noch mehr gelebt werden. Das Bewusstsein vieler Leute muss weiter geschärft werden. Sie sind überfordert und müssen zu Co-Produzenten werden. Aber es darf nicht nur um die Gastronomie gehen – es braucht den ganzheitlichen Ansatz.

Bern ist genügsam. Was der Berner nicht weiss, macht ihn nicht heiss. Neugier und Wissen sind die Wurzel einer echten Food-Stadt.

Erstmal zur Verteidigung: Genügsamkeit und Gemütlichkeit können auch vorteilhaft sein. Aber trotzdem: Neue Initiativen von unten, der Einbezug von Konsumenten und grundsätzlich mehr Kooperation und Vernetzung sind tatsächlich gefordert. Zu oft wird Nachhaltigkeit auch in der Gastronomie immer noch mit Gewinnverlust gleichgesetzt – trotz des laufenden Kulturwandels hin zu mehr Nachhaltigkeit. Dieser Wandel geschieht, so erfahren wir, auch in der Lehre und Forschung. Nachhaltigkeit und Ernährung sind zwei Megatrends unserer Zeit. Sind wir nicht alle auf der Suche

nach einer Ersatzreligion?

Bern ist solides aber bequemes Mittelmass. Die Mutlosen bleiben hier. Ambitionierte Köpfe mit unternehmerischem Spirit müssen her!

Neue Leute? Her? Es gibt doch schon ein Überangebot in der Gastronomie! Und man kriegt als Konsumentin doch was man erwartet. Alles gut? Natürlich nicht, denn die guten Köpfe sind in der Unterzahl. Sie sind diejenigen, die die extra Meile gehen und es sich nicht frühzeitig bequem machen. Sie sind diejenigen, die ein Konzept haben, die Konsequenz und eine gewisse Radikalität beweisen und die den Fokus immer auf hochwertige Produkte legen. Und die, flüstern wir es ganz leise, Menschen Entscheidungen abnehmen, sie fordern und sogar lehren.

Ohne Regeln keine Gesellschaft. Doch unser Regulierungswahn killt Mut und Ambition. Bern muss innovativen Köpfen eine echte Chance geben!

Bern ist kompliziert. Eine Neueröffnung muss durch sieben Amtsstellen! Sieben Amtsstellen! Das ist ein langer, beschwerlicher Weg und es herrscht viel Unsicherheit. Abschreckende Unsicherheit. Ohne Goodwill und persönliche Beziehungen oder Unterstützung ist es schwierig in diesem Umfeld. Und das gilt auch wenn die Gaststube immer voll ist. Das Hauptproblem ist aber nicht die Regulierung, sondern die Mieten und die hohen Löhne. Deshalb sollte Food auch im Kulturbudget auftauchen: Subventionen und eine gezielte Förderung könnten helfen.

bottom of page